1. Sammeln- warum? 2. Entwicklungsgeschichte von Röhrenradios 3. Schaltungstechnik
4. Reparatur- wie? 5. Einfacher Prüfstift

 

4. Reparaturpraxis

4.1. Wichtige Grundregeln

Etwa 80% der auftretenden Fehler beziehen sich auf einige wenige, klar zu bestimmene Ursachen, bzw. Bauteile und lassen sich mit einem Vielfachmeßinstrument und einem einfachen Signalgenerator (Multivibrator) ermitteln. Für kompliziertere Fälle sind Oszilloskop, Meßsender und weitere Geräte sehr hilfreich.


Notwendiger als ein Meßgerätepark sind aber Kenntnisse und Verständnis für die Schaltungtechnik, wozu in vielen Fällen ein Schaltplan unabdingbar ist. Es kann nur ausdrücklich davor gewarnt werden, planlos und ohne Kenntnis der Funktion einzelner Bauteile Reparaturversuche vorzunehmen. Derart "verschlimmbesserte" Geräte geben auch dem Fachmann dann manche schwere
 
Nuß zu knacken!

Es ist unmöglich, Reparaturanleitungen für alle möglichen auftretenden Fehler zu liefern. Wichtiger ist es, sich die Aufgabe einzelner Bauteile und einer Stufe im Empfänger deutlich zu machen. Dann ergeben sich durch systematische Analyse Hinweise auf mögliche Defekte.

Da wir das Restaurieren von Radios aus Hobby betreiben, ist der Faktor Zeit kein Anlaß für Hektik. Es ist besser, nach zunächst erfolgloser Suche eines Fehlers das Gerät in die Ecke zu stellen und zu einem späteren Zeitpunkt wieder an die Sache heranzugehen.

Auf keinen Fall dürfen Eisenkerne von Spulen oder Trimmkondensatoren wahllos verdreht werden, dies ist nur selten am Ende einer Reparatur notwendig, wenn die Grundfunktionen des Gerätes sichergestellt sind.

Für den Anfänger kaum lösbare Probleme ergeben sich, wenn der Gleichlauf der Kreise durch Bauelemente, die ihre Werte verändert haben (Kondensatoren, Spulen) nicht mehr vorhanden ist.

An dieser Stelle sollte man sich folgende Hinweise zu eigen machen: Kondensatoren und Widerstände sind ohne Probleme durch moderne Typen zu ersetzen. Dies ist meist auch unumgänglich, weil Originalteile nicht mehr zur Verfügung stehen. Die ausgebauten Teile sollte man aufheben und in einem Plastikbeutel zusammen mit einem "Reparaturprotokoll" im Gerät belassen.

Sind komplexere Bauteile irreparabel defekt (Netztrafo, Drehkondensator, Bandfilter, Mechanik), so sollte man lieber schweren Herzens auf eine Reparatur verzichten und das Radio im nicht funktionsfähigen Zustand belassen
und ins Regal stellen.

Auf keinen Fall sollte man solche Geräte ausschlachten, um Teile zu gewinnen. Ein technisches Gerät wie ein Radio ist nur als Summe seiner Einzelteile interessant und ab und zu ergibt sich dann später doch noch die Gelegenheit, verwendbare Ersatzteile oder ein Zweitgerät zu bekommen.

4.2. Übersicht über die häufigsten Defekte

In der nachfolgenden Übersicht sind in der Reihenfolge des Auftretens von Fehlern systematisch die jeweiligen Bauteile vorgestellt. 

A. Kondensatoren

Sie sind die häufigste Fehlerquelle überhaupt. Fast immer sind die Sieb- und Glättungselkos im Netzteil gealtert, absinkende Gleichspannung, Brummen des Gerätes und ein Heißwerden der Kondensatoren deuten auf Kapazitätsverlust und Feinschlüsse hin.

Auch Roll- und Wickelkondensatoren weisen oft Feinschlüsse oder Kurzschlüsse auf. Je nachdem, wo die Kondensatoren eingesetzt sind, äußert sich dies in sehr unterschiedlichen Symptomen, die sich nicht eindeutig beschreiben lassen und die manchmal den Fehlersuchenden zur Verzweiflung treiben können.

Bei den meisten älteren Geräten empfiehlt es sich, den NF-Kopplungskondensator (5-20nF) zwischen der Anode der NF-Vorröhre und dem Gitter der NF-Endstufe einer genaueren Prüfung zu unterziehen. Feinschlüsse geben häufig einen Teil der positiven Anodenspannung an das Gitter der Endröhre weiter. Diese läuft dann im Sättigungsbetrieb mit hohem Anodenstrom. Vor allem bei aufgedrehtem NF-Einsteller treten dann Verzerrungen auf und die Röhre wird mittelfristig völlig überlastet. 

Man mißt dazu am Katodenwiderstand der Endröhre die abfallende Spannung und bestimmt den Strom, außerdem sollte mit einem hochohmigen Voltmeter (z.B. Digitalvoltmeter) die Spannung zwischen Steuergitter der Endstufe und Masse. Ist sie positiv, ist der Koppelkondensator definitiv defekt.

B. Röhren

Innere Schlüsse oder Heizfadenunterbrechung lassen sich mit einem Ohmmeter bestimmen, diese treten aber nur recht selten auf. Ein Röhrenprüfgerät ist natürlich ein optimales Hilfsmittel, aber in der Regel kommt man auch durch Messen der Spannungen, bzw. Ströme weiter. Dazu ist aber ein Röhrenhandbuch, dem man Sockelschaltbild und Betriebswerte entnimmt, unerläßlich.

End- und Gleichrichterröhren haben ab und zu kein einwandfreies Vakuum mehr, das in Spuren eingedrungene Gas verursacht Glimmentladungen mit einem bläulichen Leuchten. Bei Lautsprecherröhren führt dies zu erhöhtem Anodenstrom mit Heißwerden der Röhre, meist treten auch Verzerrungen dabei auf.

Ein mit Alterung durch Emissionsverlust der Katode verbundener Rückgang des Anodenstroms ist bis zu einem gewissen Grad schon durch die Schaltungskonzeption tolerierbar. Besonders bei Gleichrichter- und Endröhren kommt es dabei aber zu totalem Funktionsausfall des Gerätes.

C. Widerstände

Hier sind Fehler am leichtesten zu bestimmen. Überlastungen werden durch Schwarzwerden angezeigt, Unterbrechungen lassen sich im nicht angeschlossenen Gerät im kalten Zustand mit dem Ohmmeter messen.

Meist hat aber ein durchgebrannter Widerstand seine Ursache in anderen Defekten (z.B. ein Kondensator mit Kurzschluß), weshalb ein Ersetzen allein den eigentlichen Fehler nicht behebt.

D. Wellenschalter

Seltener sind richtige Defekte, häufig dagegen verschmutzte und oxidierte Kontakte, die die Funktion einzelner oder aller Wellenbereiche einschränken. Vor allem Silber neigt dazu, mit schwefelhaltigen Verbindungen aus der Luft zu schwarzem, nichtleitenden Silbersulfid zu werden.

Ein Einsprühen aller Kontakte mit einem Spray (KONTAKT 60, Fa. Kontakt-Chemie) sollte grundsätzlich bei den meisten alten Radios, die man auf der Werkbank hat, durchgeführt werden.Vor allem bei Drucktastenaggegaten sind hartnäckige
Kontaktschwächen an der Tagesordnung und nicht immer sind alle Kontakte leicht erreichbar.

Grundsätzlich sind Versuche schädlich, durch mechanisches Nachbiegen von Kontakten auf Abhilfe zu hoffen. Wenn schon, sind die Kontakte mit Durchziehen allerfeinsten Schmirgelpapieres zu reinigen. Dies sollte aber die Ausnahme bleiben.

E. Mechanische Defekte


Hier sind vor allem gerissene Skalenseile und festsitzende Wellen von Drehkos, Potentiometern und Schaltern Fehlerquellen. Zum Beheben der Defekte ist Geschick, Sorgfalt und Improvisation gefragt, da in fast allen Fällen Ersatzteile nicht aufzutreiben sind.

Außerordentlich unangenehm sind mechanische Fehler bei Teilen, die aus Zinkspritzguß hergestellt wurden. Besonders Radios der Baujahre 1935/36 zeigen ein "Wachsen" dieses Materials, was besonders durch Feuchtigkeit gefördert wird. Drehkos mit Plattenschlüssen und weitere Mechanische Defekte von SABA-Geräten dieser Epoche sind bekannt für solche meist irreparablen Erscheinungen.

Bröselnder Zinkspritzguß beim Drehkoantrieb eines Saba 333WL des Baujahres 1935/36

F. Transformatoren

Seltener sind Windungsunterbrechungen, häufiger ist die unangenehme Erscheinung von Windungsschlüssen, die zum Heißwerden des Trafos führen. Ein Neuwickeln scheitert meist an fehlenden Daten und einer geeigneten Werkstatt. Aus diesem Grund ist bei defekten Netztrafos für den Anfänger der Reparaturversuch in den meisten Fällen zunächst ergebnislos.

G. Lautsprecher

Ein Verziehen der Membran durch Feuchtigkeit oder Risse ist die häufigste Ursache für Verzerrungen. Die Schwingspule muß sich im Magneten frei bewegen, mit Kleben oder Neujustieren (falls Schrauben am Magneten vorhanden) kann Abhilfe geschaffen werden.

Ältere Lautsprecher haben keinen Permanentmagneten, sondern einen Elektromagneten, dessen Induktivität meist gleichzeitig als Netzdrossel zwischen Lade- und Siebelko wirkt. Erst bei Fließen von Anodenstrom wird die Magnetwirkung des Eisenkerns erzeugt.

Selten sind Freischwingersysteme, erkennbar an Hufeisenmagneten (z.B. Volksempfänger). Unterbrechungen in Schwingspulen oder Erregerwicklungen lassen sich mit einem Ohmmeter messen, Reparaturen sind aber bei Unterbrechungen nur in Ausnahmefällen möglich.

H. Spulenkerne und Abstimmtrimmer

Ferrocart-Material, hier einer MW/LW-Spule eines SABA-Zweikreisers. Weißer Belag oder Aufblättern deuten auf eine feuchte Vergangenheit hin und ziehen eine Permeabilitätsänderung nach sich. Dann ist weder ein Abgleich möglich, noch stimmt die Resonanzfrequenz.


Diese können besonders bei Geräten aus den 30er Jahren ein Problem werden. Dabei sind festsitzende Ferritkerne in den Spulen noch das harmlosere Übel. Kritischer ist ein Aufblättern des Ferrocart-Materials, das manche Spulen umgibt. Ursache ist meist Feuchtigkeit, wenn die Geräte längere Zeit auf dem Dachboden oder im Keller verbracht haben. Folge ist eine Induktivitätsveränderung mit vollständigem Gleichlaufverlust. Hier hilft nur Ersatzspulen zu wickeln oder den Reparaturversuch aufzugeben.

Seit 1937 wurden Keramiktrimmer mit Silberbelägen verwendet. Diese neigen zu Sulfidierung mit völligem Kapazitätsverlust und brechen leicht, wenn man Abgleichversuche unternimmt. Auch hier hilft nur einseitiges Abklemmen und Einlöten eines Ersatztrimmers. Fehler dieser Art sind typisch für Geräte von Telefunken der Baujahre 1937-1940. 

4.3. Vorprüfungen

Es ist in jedem Fall ratsam, nicht gleich den Stecker in die Dose zu stecken, da manche Radios jahrzehntelang nicht mehr benutzt wurden. Nach einer optischen Sichtprüfung auf eventuell verschmorte oder fehlende Teile wird kontrolliert, ob die Netzsicherung in Ordnung ist und auch den vorgesehenen Wert aufweist. Ebenso überprüft man, ob die richtige Netzspannung eingestellt ist.

Von Bedeutung für die Einordnung und Schaltung ist die Frage, ob es sich um einen Allstrom- oder Wechselstromempfänger handelt. Dazu muß unbedingt die Rückwand auf Hinweise geprüft werden. Fehlt diese, so orientiert man sich an den Ausführungen in 3.5. Ganz selten findet man noch reine Gleichstromgeräte, die bis 1934/35 gebaut wurden. Diese sind mit Stiftröhren der R-Serie
bestückt, ausgesprochene Raritäten sind Radios mit gemischter Bestückung von B- und R-Röhren.

Bei Allstromradios, erkennbar an der Röhrenbestückung mit C- oder U-Röhren, liegt ein Netzpol am Chassis. Beim Arbeiten daran sollte auf jeden Fall mit einem Phasenprüfer sichergestellt werden, daß der Nulleiter auf dem Chassis liegt und den Netzstecker entsprechend polen. Optimal ist natürlich ein Trenntrafo, der eine galvanische Trennung vom Netz gewährleistet.

Ein Anschluß an das Netz sollte in Reihe über eine starke Glühlampe von 100-200Watt erfolgen. Man montiert sich dazu am besten ein Brett mit einem Netzanschluß, der Lampe mit Fassung und einer eigenen Steckdose. Kurzschlüsse im Eingang, bzw. auf der Primärseite des Netztrafos werden deutlich, wenn die Lampe hell brennt. Ursache kann eine defekte Netzschnur sein, bei der häufig die Isolation zerbröselt ist. Auch Störschutzkondensatoren parallel zur Netzspannung sind vielfach nicht mehr in Ordnung.

Die Gleichrichterröhre muß sofort daraufhin geprüft werden, ob die Anoden eventuell glühen und einen Kurzschluß auf der Anodenspannungsseite anzeigen. In diesem Fall sofort ausschalten!

Ist bis hierher alles gut gegangen, so kontrolliert man, ob alle Röhren heizen. Bei den meisten Röhren ist das Glühen von außen erkennbar. Spätestens nach einer halben bis einer Minute sollte ein leichtes Brummen oder Knacken im Lautsprecher zu hören sein. Ein starker Brummton deutet auf defekte Sieb- oder Ladekondensatoren hin.

Bleibt beides aus, besteht der Verdacht, daß keine Anodenspannung vorhanden ist. Auch ein eventuelles magisches Auge kann durch Grünfärbung schon einen Hinweis auf das Anliegen der Hochspannung geben.

Danach beginnt die Phase des systematischen Messens, wobei man beachten sollte, daß Spannungen von 300V oder mehr bei  Berührung lebensgefährlich sein können!

4.4. Fehlersuche durch Signalzuführung

Hier beginnt man sinnvollerweise von hinten, d.h. mit der NF-Stufe und führt dieser ein entsprechendes Signal zu. Gute Dienste leistet dabei ein Multivibrator, der sowohl rechteckförmige NF mit einer Grundfrequenz von rund 1000Hz abgibt, aber auch Oberwellen bis in den Kurzwellenbereich abgibt. Damit sind problemlos auch Überprüfungen im ZF- und HF-Teil bei KW, MW und LW möglich.

Ein einfacher Prüfstift mit einem Multivibrator wird beim Kapitel Meßinstrumente beschrieben. Natürlich ist auch ein HF-Meßsender gut verwendbar, sofern man einen solchen zur Verfügung hat. Die meisten Fehler lassen sich mit dem Multivibrator und einem einfachen, hochohmigen Vielfachmeßinstrument bestimmen. Nur beim Abgleich sind weitere Geräte erforderlich.

Nach dem NF-Teil prüft man die ZF-Stufen, dann folgen Mischer, bzw. Oszillator.

4.5. Fehlersuche durch Signalverfolgung

Hierbei geht man genau umgekehrt vor, d.h. man beginnt am Antenneneingang und verfolgt ein Signal bis zur NF-Stufe. Dazu benötigt man ein Oszilloskop und /oder einen NF-Verstärker mit einem einfachen, selbstgebauten Dioden-Tastkopf. Damit kann an jeder beliebigen Stelle des Rundfunkgerätes im AM-Teil (KW, MW, LW) ein Signal abgegriffen, gleichgerichtet und hörbar gemacht werden. Auch hierzu wird im Kapitel Meßinstrumente ein Schaltungsvorschlag gemacht.