SABA
- Eine deutsche Firmengeschichte An Hand der Firma SABA lässt sich
beispielhaft verdeutlich, wie Aufstieg und Niedergang eines ganzen
Industriezweiges in Deutschland verlaufen sind. Viel zu viele Firmen und
ganze Industriebranchen hatten ähnliche Schicksale. Der Aufstieg einer
Kleinfirma über Tausende von Mitarbeitern bis zum Fall ins absolute Aus
war leider kein Einzelfall. Die
Ursprünge des Familienunternehmens liegen in Triberg. 1835 wurde dort
durch Joseph Benedikt Schwer eine Uhrenfertigung begonnen, 1864 übernimmt
August Schwer die Firma und weitet das Geschäftsfeld auf verschiedene
Metallwaren aus. Hermann Schwer, Enkel des Gründers, übernimmt die
Firma 1905 und stellt nun auch Fahradklingeln, Türglocken und
Rasierapparate her. Zu
Beginn der Rundfunkentwicklung in Deutschland im Jahr 1923 gehört SABA
(Schwarzwälder Apparate-Bau-Anstalt) nur zu den Einzelteillieferanten.
Kopfhörer, und später NF-Trafos, Drehkos, sowie ab 1926 komplette
Radio-Bausätze gehören zum Programm [1]. Erst 1927, als die meisten Gründerfirmen des „Rundfunkbooms“ schon wieder vom Markt verschwunden waren, steigt SABA in die Fertigung kompletter Geräte ein. Notwendig ist dazu die „Telefunken-Bauerlaubnis“, da dieses Konsortium alle wesentlichen Patente hält, die die Radioproduktion in Deutschland betreffen. Viele verschiedene Gerätetypen und eine unübersichtliche Fertigung waren zunächst nicht sonderlich erfolgreich. SABA wird zur Großfirma Der große Coup gelingt 1929 Hermann Schwer mit der Einstellung des jungen, genialen Schweizer Ingenieurs Eugen Leuthold [2]. Dieser stellt die Produktion von einer zeitraubenden Fertigung durch Fachkräfte auf einen rationalisierten Ablauf um, bei der angelernte Arbeiter die Hauptarbeit erledigen und die Spezialisten nur noch den Endabgleich durchführen. Gegen die Expertenmeinung der damaligen Fachwelt entwickelt er einen 2-Kreis-Fernempfänger mit einem neuartigen Schaltungskonzept, der 1930 auf den Markt kommt. Er setzt hinter einer HF-Stufe nicht wie damals üblich ein Audion zur Gleichrichtung ein, sondern einen rückgekoppelten Anodengleichrichter mit Gittervorspannungserzeugung über einen Katodenwiderstand (Bild 1). |
Die Wirtschaftswunderzeit Ab 1954/55 kam es zu einer Weltneuheit mit der ersten funktionsfähigen, fernbedienbaren Automatik-Abstimmung über ein Steuerkabel. Leuthold hatte so etwas zwar schon 1937 mit dem 980WLK versucht, aber das Projekt scheiterte damals noch in der Praxis. Die Freiburg- und Meersburg-Spitzengeräte jedoch erfreuen noch heute mit Empfangsleistung und Klangbild jedes Sammlerherz. Bild 19 zeigt den Freiburg-Automatik 6/3D von 1955/56. |
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Bemerkenswert ist ein Einblick in eine deutsche Industriefirma Mitte der 50er Jahre, wie es ein höchst informativer Film über SABA aus dieser Zeit vermittelt [4]. Im Zeitalter der Globalisierung, des „Outsourcing“ und der „Just-in Time“-Fabrikation ist es für uns heute unvorstellbar, dass seinerzeit fast alle mechanischen Teile, Lautsprecher und sogar Kondensatoren in eigener Produktion in Villingen gefertigt wurden. Für die 3000 Beschäftigten gab es einen eigenen Kindergarten und von der Firma zur Verfügung gestellte Erholungsheime. Es ist kein Wunder, dass es unter solchen Bedingungen in Deutschland de facto Vollbeschäftigung gab und das Thema „Arbeitslosigkeit“ keine Rolle spielte. Noch einmal kann SABA 1966 mit dem ersten volltransistorisierten Stereo-Gerät der Welt (Freiburg-Studio) einen innovativen Meilenstein setzen. Das Ende kündigt sich an Zwischenzeitlich werden auch Tonbandgeräte in das Fertigungsprogramm aufgenommen, doch hier ist und bleibt Grundig Marktführer. Mit der Umstellung auf das Fernsehgeschäft konnte SABA noch einmal zulegen, indes sorgten firmeninterne Querelen zwischen den Eigentümern des Familienbetriebes schon zu Spannungen, eine verlustreiche Kühlschrank- produktion wurde viel zu spät aufgegeben. Die Fusionswelle dieser Jahre unter zunehmendem Druck fernöstlicher Konkurrenz erreichte auch SABA, jedoch wurde ein unterschriftsreifer Vertrag 1967 mit Philips im letzten Moment vom mächtigen Max Grundig hintertrieben. Schließlich übernimmt der amerikanische GTE-Konzern 1968 den größten Teil des Unternehmens, verkauft ihn aber 1980 schon wieder an die französische Thomson-Brandt-Gruppe. Kurze Zeit später stellt diese die Fabrikation bei SABA in Villingen ein, nachdem technische und kaufmännische Fehlentscheidungen den Niedergang beschleunigten. Der Aufstieg und Untergang wird hervoragend dokumentiert in einem in kleiner Auflage erschienenen Buch, in dem der 1988 verstorbene Hermann Brunner-Schwer aus seiner Sicht als letzter Erbe des Familienunternehmens die Firmengeschichte beschreibt. Sinnigerweise lautet der Titel doppelbödig „Bilanz einer Aufgabe“ [5]. Hier schildert er unter anderem in dem Buch, das sich wie ein Wirtschaftskrimi liest, wie SABA durch mangelhafte Fernseh-Farbbildröhren des Mutterkonzerns GTE in die entscheidende Krise gerät. Seitdem ist der renommierte Name SABA nur noch ein Handelsbegriff, der mehrfach den Besitzer wechselte. Zuletzt tauchte er bei TTE auf, einer französisch-chinesischen Gruppe, die wiederum 2008 Insolvenz anmelden musste. Was heute unter diesem Namen wieder angeboten wird, hat mit Deutschland nichts und mit dem Schwarzwald im besonderen schon mal garnichts mehr zu tun. Die Rechte auf den Namen liegen heute offensichtlich bei einer dubiosen Holding, registriert in einem arabischen Scheichtum, über die nichts genaueres in Erfahrung zu bringen war. Wer sich über die Produktionspalette von SABA-Geräten
der 30er, 40er und 50er-Jahre informieren möchte, sollte die Internetseite des
virtuellen Radiomuseums [6] besuchen Dort sind die wichtigsten technischen
Informationen allgemein zugänglich. Großbilder und alle Einzelheiten stehen
allerdings nur registrierten Mitgliedern zur Verfügung. Viele Bilder und
Einzelheiten finden sich auch auf meiner Radio-Homepage [7]. Literatur-
und Quellenangaben: [1] Abele, G.: [2] Freudenberg, H.: Eugen Leuthold, Entwickler der SABA-MHG-Schaltung, FUNKGESCHICHTE Nr. 148 (2003), S. 96 ff. [3] Menzel, W.: SABA – Die Produktion von 1924-1949, Schriftenreihe der GFGF zur Funkgeschichte Band 5, Verlag Dr. Rüdiger Walz, Kelkheim 1995 [4]
SABA DVD: Wie ein Radio entsteht. Spieldauer 36 Minuten - 9 Euro. Erhältlich
beim Schwarzwald-Museum Triberg, Informationen unter www.schwarzwaldmuseum.de [5]
Brunner/ : Bilanz einer Aufgabe [6]
Virtuelles Rundfunkmuseum, http://www.radiomuseum.org [7]
Marts Dampfradioseiten, http://home.arcor.de/radio-freak |